Tesla kauft Rohstoffe in Russland: Anwohner schreiben Elon Musk bewegenden Brief

Ein Netzwerk von Experten, Aktivisten, Anführern und Organisationen indigener russischer Völker hat Tesla-Chef Elon Musk aufgefordert, ein Bergbauunternehmen zu boykottieren, bis es nachhaltigere Produktionsprozesse implementiert. In einem Brief an Musk schreibt das “Aborigen Forum”, dass das Unternehmen Nornickel zwar international führend in der Nickelproduktion, aber “auch weltweit führend in der Umweltverschmutzung” sei.

Tesla-Boss Musk soll Verantwortung für die Rohstoff-Produktion seiner Zulieferer übernehmen.
Tesla-Boss Musk soll Verantwortung für die Rohstoff-Produktion seiner Zulieferer übernehmen.

In der Telefonkonferenz zur Veröffentlichung von Teslas Quartalsergebnissen zum zweiten Quartal sagte Tesla-CEO Elon Musk, dass Bergbauunternehmen mehr Nickel zu günstigen Konditionen abbauen sollten. “Tesla wird Ihnen einen riesigen Vertrag über einen langen Zeitraum geben, wenn Sie Nickel effizient und umweltschonend abbauen”, sagte Musk.

Gerade an einen der größten Nickelproduzenten weltweit soll Musk sich dabei aber nicht wenden, wenn es nach den Mitgliedern von “Aborigine Forum” geht. Aborigine Forum ist eine informelle Vereinigung von 39 Experten, Aktivisten, Anführern und Organisationen russischer indigener Völker aus 14 Regionen des Nordens, Sibiriens und des russischen fernen Ostens.

Die Organisation hat sich in einem offenen Brief an Elon Musk gewandt. Dort heißt es: “Wie Sie wissen, ist das russische Unternehmen Nornickel ein weltweit führendes Unternehmen in der Nickelproduktion. Seine Hauptgeschäftsorte in Russland sind die Halbinsel Taymyr und das Gebiet Murmansk, wo das Unternehmen Erz abbaut und verarbeitet. Das Unternehmen ist aber auch weltweit führend in der Umweltverschmutzung, die hier besonders gefährlich ist, da Nornickel in der arktischen Region präsent ist, wo die Umwelt besonders anfällig ist und es Jahrzehnte dauern könnte, bis sie sich von einem einzigen Vorfall erholt.”

“Vielleicht ist Ihnen die Ölkatastrophe von Norilsk bekannt, die am 29. Mai 2020 begann”, schreibt das Aborigine Forum. “Eines der Kraftwerke von Nornickel überflutete die örtlichen Flüsse mit bis zu 21.000 Tonnen Dieselöl. Der Vorfall war die zweitgrößte Umweltkatastrophe in der arktischen Region, nach der Ölkatastrophe der Exxon Valdez 1989 in Alaska. Die verseuchten Flüsse in Taymyr werden traditionell von den lokalen indigenen Gemeinschaften zum Fischfang genutzt. Die andauernde ökologische Katastrophe ist die größte in Nornickels Portfolio, aber sie ist kein Einzelfall.”

Das Aborigen-Forum fordert, dass die folgenden Bedingungen erfüllt sein sollen, bevor Tesla mit Nornickel zusammenarbeitet:

  1. Nornickel führt eine vollständige und unabhängige Bewertung der Umweltschäden durch den Abbau von Nickel und anderen Metallen auf der russischen Halbinsel Taymyr und im Gebiet Murmansk durch. Die Bewertung sollte die Schäden durch die anhaltende Dieselöl-Katastrophe von Norilsk einbeziehen und den Schaden berücksichtigen, den die Industrieproduktion den traditionellen wirtschaftlichen Aktivitäten der indigenen Völker zufügt.
  2. Nornickel entschädigt indigene Gemeinschaften für die Schäden, die ihrer traditionellen Lebensweise zugefügt wurden.
  3. Nornickel bereitet einen Plan zur Rekultivierung verseuchten Landes auf der Halbinsel Taymyr und im Gebiet Murmansk vor und setzt ihn um.
  4. Nornickel revidiert seine Politik der Zusammenarbeit mit indigenen Völkern. Die neuen Richtlinien müssen sich an der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker orientieren, einschließlich der Notwendigkeit, vor der Genehmigung von Projekten, die indigene Länder oder Gebiete und andere Ressourcen betreffen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung, Nutzung oder Ausbeutung von Mineralien, Wasser oder anderen Ressourcen, eine freie und informierte Zustimmung einzuholen.

Dmitri Bereschkow ist einer der Experten, die mit dem Netzwerk des Aborigen-Forums in Russland zusammenarbeiten. Er sagte in einem Interview mit The Barents Observer, dass es für die indigenen Völker schwierig sei, sich Gehör zu verschaffen.

“Es ist nicht nur schwierig, es ist in den letzten Jahren ganz unmöglich geworden”, erklärt Bereschkow. “Russland baut sich schnell eine neue industrielle Realität in der Arktis auf, und die indigenen Völker werden bei diesen Aktivitäten überhaupt nicht berücksichtigt.”

Bereschkow bezeichnet die internationalen Erklärungen der russischen Behörden über den Respekt für die indigenen Völker als “Propaganda”. Insbesondere sei dies im Arktischen Rat der Fall, wo der Kreml nach seinen Worten die volle Kontrolle über die Stimmen der offiziellen russischen Vertreter der indigenen Völker hat.

Bereschkow hofft, dass der Brief an Elon Musk helfen könnte. “Wir betrachten Musks Bitte an die Nickelproduzenten als eine Gelegenheit, auf die Umweltzerstörung des traditionellen Landes der indigenen Völker zu achten.”

Elektrofahrzeuge benötigen das Nickel für die Produktion von Batterien. Zwar verbrauchen andere Industrien weitaus mehr Nickel, beispielsweise in der Produktion von Edelstahl. Elektroauto-Produktion könnten sich jedoch in naher Zukunft einem Wachstumsmarkt für Nickel entwickeln.

Source

Leave a Reply

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.